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Regenwald-Rodungen für den Supermarkt |
Samstag, den 19. Juli 2014 um 14:57 Uhr |
Für den Anbau von Ölpalmen wird massiv der Regenwald gerodet - auf Kosten von Klima, Artenvielfalt und indigener Bevölkerung. Auch ein neues Nachhaltigkeitssiegel der Industrie wird den Raubbau an der Natur vermutlich nicht stoppen können. Das rote Fell ist am ganzen Körper versengt. Nur eine schwarze, verkohlte Leiche ist von dem Orang-Utan übrig geblieben. So hat ihn jemand in das trockene Gras Indonesiens gesetzt und fotografiert - ein Opfer der Brandrodung des Regenwaldes und des Palmölanbaus. Rund 27 Prozent des 2007/2008 gerodeten und gebrandschatzten tropischen Regenwaldes etwa in Borneo gehen direkt auf das Konto von Palmölplantagen, berichtete eine internationale Forschergruppe Anfang dieses Jahres im Fachblatt PNAS. Darin sind Rodungen zur Holzgewinnung, die im Auftrag von Palmölfirmen stattfanden, nicht einmal mitgezählt. Die Plantagen bedecken laut World Wide Fund For Nature (WWF) weltweit über zwölf Millionen Hektar - das entspricht der Fläche der beiden größten Bundesländer Bayern und Niedersachsen zusammengenommen. Um dieser Umweltzerstörung zu begegnen, hat der WWF 2004 den Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO) ins Leben gerufen. Hier versuchen Industrie und Umweltverbände gemeinsam, auf nachhaltigen Anbau umzustellen. Seit einem Jahr vergibt das Gremium auch ein neues Nachhaltigkeitssiegel, das nun langsam auf Produktverpackungen Einzug findet. Doch die Hoffnung, ganz auf umweltfreundliches Palmöl umzustellen, ist bei solch enormen Produktionsmengen ambitioniert. Denn Palmöl boomt: Derzeit werden pro Jahr rund 50 Millionen Tonnen erzeugt, Malaysia und Indonesien produzieren zusammen 87 Prozent davon. Das Kernproblem ist, dass die Ölpalmen mit ihren dattelgroßen, gelb-rötlichen Früchten genau dasselbe Klima benötigen wie der tropische Regenwald. Beide brauchen viel Wasser, beide gedeihen nur in dem schmalen Bereich zwischen den Zehnten Breitengraden nördlich und südlich des Äquators.
Der Löwenanteil von 71 Prozent aber findet sich in Lebensmitteln wieder. In Keksen, Schokoladencremes, Frittieröl und Margarine ist es fast immer enthalten. Das Öl steckt schätzungsweise in jedem zweiten Supermarkt-Produkt. Die wahre Herkunft wird dabei gerne verschleiert, auf der Verpackung steht "pflanzliches Öl" oder "pflanzliches Fett". Erst ab 2014 sind die Hersteller laut EU-Verordnung verpflichtet, die genaue Herkunft zu nennen. Bis dahin kann man meist nur vermuten, dass Palmöl im Produkt steckt, denn es ist das günstigste Öl auf dem Markt und wird als minderwertig angesehen. Dem geringen Rohstoffpreis stehen am anderen Ende der Welt massive Eingriffe in die Umwelt gegenüber: die Abholzung der wohl wertvollsten Waldflächen der Erde, der Verlust von Artenvielfalt und Kohlendioxid-Speichern, die Zerstörung von Torfböden auf Borneo. Obwohl der Torfboden für die Ölpalmen denkbar schlechte Verhältnisse bietet, wird er für den Anbau trockengelegt und setzt dabei weiteres CO2 frei. Auch Landraub und die Vertreibung indigener Völker sind mit den Palmölplantagen verknüpft. Zudem belastet das in der EU verbotene Herbizid Paraquat viele Plantagenarbeiter - in Indonesien darf es weiter versprüht werden. Es soll die jungen Ölpalmsetzlinge schützen, doch gefährdet es bereits in kleinen Dosen auch Menschen. Kaum einer der Tagelöhner in den Anbaugebieten trägt einen geeigneten Ganzkörperschutzanzug. Aus Unwissenheit spülen sie die leeren Herbizid-Behälter im Fluss aus, wodurch weitere Ökosysteme und das Trinkwasser vergiftet werden. Viele Menschen leiden unter beständiger Übelkeit, Haut- und Atemwegskrankheiten. |